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Änderungen der Mutterschaftsrichtlinie: Mutterpass | Versicherteninformation "Basisultraschall für Frauen in der Schwangerschaft" | formale Überarbeitung der Mutterschaftsrichtlinie

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im September 2023 mehrere Änderungen an der Mutterschaftsrichtlinie (Mu-RL) beschlossen – die aus formalen Gründen erst jetzt in Kraft getreten sind. Neben einer formalen Überarbeitung der Mu-RL hat der G-BA Änderungen an der Versicherteninformation „Basis-Ultraschalluntersuchungen für Frauen in der Schwangerschaft“ sowie redaktionelle Änderungen an den Mutterpass-Innenseiten vorgenommen. BVF und DGGG haben alle Verfahren kritisch mit Stellungnahmen und in den Anhörungen begleitet. Die Details der Änderungen sowie etwaige Konsequenzen werden im nachfolgenden Text vorgestellt.

minimalistische Skizze einer Frau im Profil

I. Die drei Änderungsbeschlüsse des G-BA vom 21. und 29. September 2023

 

1. Formale Überarbeitung: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte2005 seine Arbeitsgruppen beauftragt, auf eine einheitliche Gestaltung der Richtlinien und sonstigen Veröffentlichungen des G-BA hinzuwirken. Diese Umsetzung bezüglich Aufbau und Struktur erfolgte jetzt für die Mutterschaftsrichtlinien, die nun Mutterschaftsrichtlinie heißt (vgl. Mutterschafts-Richtlinien: Formale Überarbeitung 21.09.2023).
Analog zum Nationalen Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt” und der S3 Leitlinie „Die vaginale Geburt am Termin” wurde zudem beschlossen, den Begriff „Entbindung“ in der Mu-RL und ihren Anlagen durch „Geburt“ zu ersetzen.

 

2. Mutterpass: Weitere sprachliche Änderungen (vgl. Mutterschafts-Richtlinien: Anpassung der Anlage 3 ­– Mutterpass – 28.09.2023) betreffen die „Hinweise für die Schwangere“ auf den Innenseiten des Mutterpasses (Anlage 3 Mu-RL), sie wurden wie folgt geändert:

a) Der bisherige Satz „Manchmal können sie allerdings mit einem erhöhten Risiko für Mutter und Kind belastet sein.“ wird redaktionell/sprachlich angepasst:

Manchmal können sie allerdingsmit einem erhöhten Risiko oder Belastungen für Mutter und Kind einhergehen.“

b) Der bisherige Satz „Eine sorgfältige Schwangerschaftsbetreuung hilft, einen großen Teil dieser Risiken zu vermeiden oder rechtzeitig zu erkennen, um Gefahren abzuwenden.“ wird redaktionell/sprachlich angepasst und geändert in:

Eine sorgfältige Schwangerschaftsbetreuung hilft, frühzeitig zu erkennen, wann Mutter und Kind weitere Betreuung oder Behandlung benötigen.“

Neben formalen Änderungen wurden im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens insbesondere von Hebammenvereinigungen diverse inhaltliche Änderungsvorschläge an den G-BA übermittelt. Hier hat sich der der G-BA darauf verständigt, diese gesondert zu beraten, da diese nicht Gegenstand dieser Änderungsverfahren waren.

 

3. Versicherteninformation „Basis-Ultraschalluntersuchungen für Frauen in der Schwangerschaft“

Die Versicherteninformation „Basis-Ultraschalluntersuchungen für Frauen in der Schwangerschaft“ wird wie folgt geändert:
Folgende bisherige Textpassage wird komplett gestrichen: „Ein Fein-Ultraschall ist auch ohne medizinische Begründung möglich. Er ist dann aber eine individuelle Gesundheitsleistung (IGeL), die selbst bezahlt werden muss. Auch alle weiteren Ultraschalluntersuchungen, die keinen konkreten medizinischen Anlass haben, müssen selbst bezahlt werden.“
Dem Absatz (bzw. Spiegelstrich) „- Sie können auf Ultraschalluntersuchungen verzichten, ohne Gründe nennen zu müssen und ohne dass dies Folgen für den Versicherungsschutz hat.“ wird folgender Spiegelstrich angefügt: „- Ultraschalluntersuchungen zu nichtmedizinischen Zwecken dürfen nicht durchgeführt werden.“

Hintergrund hierfür ist, dass der Gesetzgeber 2018 in der Verordnung zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV) geregelt hat, dass bei der Anwendung von Ultraschallgeräten zu nichtmedizinischen Zwecken ein Fötus nicht exponiert werden darf (§ 10 NiSV). Um begriffliche Unschärfen zu vermeiden, erfolgten diese aktuellen Änderungen. Weitergehende Forderungen aus dem Kreis der Hebammenvertretungen nach einem expliziten Warnhinweis zum sogenannten „Babyfernsehen“ wurden, auch nach Widerspruch durch BVF und DGGG, abgelehnt.

 

II. Konsequenzen der Änderungen der Mutterschaftsrichtlinie

Entgegen immer wieder verbreiteter Fehlinformationen:

Weder die Streichung des Delegationsvorbehalt (Punkt A Nr.7.) aus der Mu-RL im Februar 2023 noch die GBA-Beschlüsse aus dem September 2023 wirken sich auf Betreuungsmodelle in der Schwangerenvorsorge aus. Bei der Erbringung der Schwangerenvorsorge haben alle Leistungserbringer Frauenärztinnen, Frauenärzte und Hebammen weiterhin die jeweiligen berufsrechtlichen Rahmenbedingungen, Abrechnungsvoraussetzungen und in Kooperationen das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten.

Es geht hier auch nicht um das vielzitierte vermeintliche Wahlrecht der Schwangeren.  Das Leistungsspektrum in der Schwangerenvorsorge von Frauenärztinnen und Frauenärzten sowie Hebammen ist nicht gleichzusetzen. Hier muss vor allem zwischen den Leistungen, die ausschließlich durch Frauenärztinnen und Frauenärzte im Rahmen der Schwangerenvorsorge erbracht werden können und den Leistungen im Rahmen der Hebammenhilfe bei der Schwangerenbetreuung differenziert werden.

Eine ganze Reihe wichtiger Bestandteile der Schwangerenvorsorge stehen unter Arztvorbehalt und diesbezüglich besteht kein Wahlrecht. So können Ultraschalluntersuchungen nach der Mutterschaftsrichtlinie, die nicht invasiven Tests zum Rhesusfaktor und zur Trisomie 13, 18, 21 (NIPT), das ärztliche Beschäftigungsverbot sowie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in der Schwangerschaft ausschließlich von Fachärztinnen und Fachärzten erbracht werden.

Die Änderungen der Versicherteninformationen „Basis-Ultraschalluntersuchungen für Frauen in der Schwangerschaft“ verbieten auch keine IGeL-Leistungen: Es handelt sich lediglich um eine Folgeanpassung zur Verordnung zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen. Die NiSV bezieht sich nicht auf medizinisch sinnvolle, aber nicht im GKV-Leistungskatalog enthaltene Ultraschalluntersuchungen im Rahmen der Schwangerenvorsorge, wie z. B. dem Ersttrimesterscreening, als auch der ergänzenden US-Untersuchung im Rahmen eines NIPT oder der Kontrolle des Schwangerschaftsverlaufs. Ausführlich dazu: Strahlenschutzverordnung und Ultraschall aus medizinischer und rechtlicher Sicht, Beiträge Frauenarzt Heft 11 /2020 S. 776 ff.

Vertragsarztpraxen bestellen sowohl Mutterpässe als auch die Versicherteninformation des G-BA über ihre Kassenärztliche Vereinigung. Wenn der neue Mutterpass und die neue Versicherteninformation zur Verfügung stehen, können sie von den Kassenärztlichen Vereinigungen bestellt werden und von den Vertragsarztpraxen über die KVen bezogen werden.

 

Quelle und weitere Informationen: