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Die AG Impfen informiert: FAQ zur Anwendung von Covid19-Impfstoffen in der Umgebung von Schwangerschaften – Stand 25.01.2021

Zusammengestellt von Dr. Michael Wojcinski, AG Impfen des Berufsverbandes der Frauenärzte e.V.

Zunehmend erreichen die AG Impfen-Hotline Fragen zur Covid-19-Impfung von Frauen im Umfeld einer Schwangerschaft. Mit den folgenden FAQ möchten wir den Frauenärzt*innen eine Hilfestellung bei der Beratung ihrer Patientinnen an die Hand geben. 
Der Berufsverband der Frauenärzte e.V. macht darauf aufmerksam, dass er keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Darstellung der AG Impfen übernimmt. Sie ersetzen daher nicht die medizinische Beratung und Diagnose im Einzelfall.
Informieren Sie sich daher vor der Beratung Ihrer Patientinnen auch aktuell bei den offiziellen Stellen (WHO, EMA, ECDC, RKI, PEI, STIKO, Pharmaherstellern, Fachinformationen und DGGG).


1.    Hat die STIKO bereits Empfehlungen für die Impfung Schwangerer ausgesprochen?

Zur Impfung schwangerer oder stillender Frauen hat sich die STIKO in der 1. Aktualisierung ihrer Covid-19-Impfempfehlung am 8.1.2021 geäußert, ohne eine positive Empfehlung zu formulieren. (Epid Bull 2021;2:64 -132 | DOI 10.25646/7820)

2.    Darf der Covid-Impfstoff auch außerhalb einer STIKO-Empfehlung eingesetzt werden?

Jeder in Deutschland zugelassene Impfstoff darf auch ohne vorliegende Empfehlung der STIKO im Rahmen seiner Bestimmung nach entsprechender Aufklärung angewendet werden. Die STIKO schreibt dazu (RKI, EpiBull 34,2020, S.7): Neben den von der STIKO empfohlenen Impfungen sind auf der Basis der existierenden Impfstoff-Zulassungen weitere „Impfindikationen“ möglich, auf die nachfolgend nicht eingegangen wird, die aber für einzelne Personen, ihrer individuellen (gesundheitlichen) Situation entsprechend, sinnvoll sein können. Es liegt in der ärztlichen Verantwortung, PatientInnen auf diese weiteren Schutzmöglichkeiten hinzuweisen. Insofern ist eine fehlende STIKO-Empfehlung kein Hindernis für eine begründete Impfung.

3.    Unterscheidet die STIKO in ihren Empfehlungen zwischen den zugelassenen Impfstoffen bezüglich Sicherheit und Wirksamkeit?

In oben genannter Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO werden
beide bisher für Deutschland zugelassenen mRNA-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer (Comirnaty, zugelassen ab 16 Jahren) und Moderna (COVID-19-Impfstoff, zugelassen ab 18 Jahren) hinsichtlich Sicherheit und Wirksamkeit als gleichwertig beurteilt. Darin findet der Impfstoff von Astra-Zeneca noch keine Erwähnung.

4.    Liegen ausreichende Daten zur Anwendung der Impfstoffe bei Schwangeren vor?

Zur Anwendung beider Impfstoffe in der Schwangerschaft und Stillzeit liegen aktuell keine Daten vor. Deshalb schließt die STIKO derzeit eine generelle Impfung Schwangerer aus. 

5.    Sieht die STIKO bei einer Impfung in der Schwangerschaft einen Grund für einen Schwangerschaftsabbruch?

Nein, sie führt dazu aus: „Eine akzidentelle Impfung in der Schwangerschaft ist jedoch keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch“.

6.    Darf im Einzelfall eine Schwangere geimpft werden?

Laut STIKO kann Schwangeren mit Vorerkrankungen und einem daraus resultierenden hohen Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung in Einzelfällen nach Nutzen-Risiko-Abwägung und nach ausführlicher Aufklärung eine Impfung angeboten werden. 

7.    Darf die Impfung in der Stillzeit erfolgen?

Die STIKO hält es für unwahrscheinlich, dass die Impfung der Mutter in der Stillzeit ein Risiko für den Säugling darstellt.

8.    Was steht in den Fachinformationen zu Schwangerschaft, Stillzeit und Fertilität?

Die Anwendungshinweise der beiden mRNA-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer bzw. Moderna sowie des Vector-Impfstoffes von Astra-Zeneca enthalten zu Schwangerschaft, Stillzeit und Fertilität deckungsgleiche Angaben. Beispielhaft hier der diesbezügliche Hinweis des Comirnaty-Konzentrats: 

„4.6 Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit 

Schwangerschaft 
Es liegen nur begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Comirnaty bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien lassen nicht auf direkte oder indirekte schädliche Wirkungen in Bezug auf Schwangerschaft, embryonale/fötale Entwicklung, Geburt oder postnatale Entwicklung schließen (siehe Abschnitt 5.3). Die Verabreichung von Comirnaty in der Schwangerschaft sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn der potenzielle Nutzen die möglichen Risiken für Mutter und Fötus überwiegt. 

Stillzeit 
Es ist nicht bekannt, ob Comirnaty in die Muttermilch übergeht. 

Fertilität 
Tierexperimentelle Studien lassen nicht auf direkte oder indirekte schädliche Wirkungen in Bezug auf die Reproduktionstoxizität schließen (siehe Abschnitt 5.3).“

9.    Unterscheiden sich die Fachinformationen von anderen neuen Impfstoffen, wie z.B. HPV-Impfstoffe?

Wie bei anderen neuen Impfstoffen und Impfempfehlungen gibt es natürlich auch bei den mRNA- und Vector-Impfstoffen gegen Covid keine Untersuchungen bei Schwangeren, in der Stillzeit und bei Schwangerschaftsplanung. Das war auch zuletzt bei der Neueinführung der HPV-Impfstoffe nicht anders. Somit unterscheiden sich diese Aussagen nicht von denen anderer Impfstoffe, und es können derzeit keine anderen Hinweise in den Fachinformationen erwartet werden.

10.    Sind Covid-Impfstoffe nicht Totimpfstoffe, und kann man das Wissen von anderen Totimpfstoffen nicht einfach übertragen?

Es gibt weltweit große Erfahrungen mit Totimpfstoffen und Lebendimpfstoffen im Bezug auf Schwangerschaften. Diese Erfahrungen und die Kenntnis, dass Coronaviren auch kein teratogenes Potential besitzen, dass die mRNA-Impfstoffe Totimpfstoffe sind und die attenuierten „lebenden“ Viren des Vector-Impfstoffes keine Vermehrungsfähigkeit mehr aufweisen, geben uns die weitgehende Sicherheit, dass die verfügbaren Covid-Impfstoffe wie alle anderen Totimpfstoffe zu betrachten sind. Sollten Vector-Impfstoffe mit replizierenden Viren zur Zulassung gelangen, wären diese im Bezug auf Schwangerschaften natürlich anders zu bewerten, nämlich als bei bestehender Schwangerschaft kontraindizierte Lebendimpfstoffe. Dennoch wird man erst lange Erfahrung im Umgang mit den neuen mRNA- und Vector-Impfstoffen abwarten, bis man sie offiziell zur generellen Anwendung bei Schwangeren freigibt.

11.    In anderen Ländern wird bereits länger geimpft, wie wird dort verfahren?

Die WHO, Gesundheitsbehörden der USA und des Vereinigten Königsreich haben bereits Empfehlungen zur Anwendung der Covid-Impfstoffe veröffentlicht. Unter der Überschrift „COVID-19 vaccination: a guide for women of childbearing age, pregnant or breastfeeding“ vom 31.12.2020 informiert das Joint Committee on Vaccination and Immunisation (JCVI),  dass die potenziellen Vorteile einer Impfung besonders für diejenigen Schwangeren groß sind,  bei denen ein sehr hohes Risiko für eine SarsCov2-Infektion besteht, z.B. als Kontaktpersonen in der medizinischen Betreuung oder als Schwangere mit Vorerkrankungen, bei denen ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Komplikationen durch COVID-19 besteht. Unter diesen Voraussetzungen sieht das JVCI eine Nutzen-Risiko-Abwägung zugunsten einer Impfung.
Übrigens wurden Hinweise aus nichtklinischen Studien zum Pfizer BioNTech-Impfstoff sowie dem Astra-Zeneca COVID-19-Impfstoff von der Regulierungsbehörde für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte (MHRA) in dieser Hinsicht überprüft, und auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und den Aufsichtsbehörden in den USA, Kanada und Europa keine Bedenken hinsichtlich der Sicherheit in der Schwangerschaft geäußert.

12.    Was sagt das Ausland zu Covid-Impfungen in der Stillzeit?

Das JCVI hat empfohlen, dass der Impfstoff während des Stillens verabreicht werden darf. Dies entspricht den Empfehlungen in den USA und der WHO. Es liegen keine Daten zur Sicherheit von COVID-19-Impfstoffen beim Stillen oder beim gestillten Säugling vor. Trotzdem wird angenommen, dass COVID-19-Impfstoffe kein Risiko für das stillende Kind darstellen. Hingegen seien die Vorteile des Stillens bekannt. Die STIKO hat bisher das Impfen in der Stillzeit (siehe Antwort 7) noch nicht generell freigegeben und verweist auf die Fachinformation (siehe Antwort 8).

13.    Muss nach Impfung ein Mindestabstand zu einem Schwangerschaftseintritt eingehalten werden?

Es gibt keine Empfehlung für einen Mindestabstand zur Vermeidung einer Schwangerschaft nach einer COVID-19-Impfung. 

14.    Sollte bei Kinderwunsch vorsorglich auf die Impfung verzichtet werden?    

Kinderwunsch ist keine Kontraindikation für die Impfung. Beachtet werden sollte, dass der volle Impfschutz erst 7 Tage nach der 2. Impfdosis zu erwarten ist. Sobald genügend Impfstoff vorhanden ist, sollten auch gerade Kinderwunschpaare durch Impfung in Sicherheit vor einer SarsCoV-19-Infektion gebracht werden.

15.    Muss vor der Impfung ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden?

Ein Test zum Ausschluss einer Schwangerschaft ist vor keiner Impfung erforderlich.

16.    Wie sollte verfahren werden, wenn nach 1. Impfdosis eine Schwangerschaft eintritt?

Frauen, die in den Wochen nach erster Impfdosis schwanger werden, sollten die zweite Dosis bis nach der Schwangerschaft verschieben; auch bei Covid-Impfungen zählt jede Dosis. Wenn jedoch ein erhöhtes Risiko bei der Schwangeren besteht, darf die Impfserie auch in der Schwangerschaft in Abstimmung mit der Schwangeren abgeschlossen werden. (siehe Antwort 6)

17.    Darf im Wochenbett geimpft werden?
    
Im Wochenbett darf eine Impfung erfolgen. Die einzige ausgeschlossene Impfung ist die Gelbfieberimpfung. Die Stillzeit ist dann keine Kontraindikation, wenn ein erhöhtes Risiko durch Covid 19 besteht (analog zu Antwort 6 und 7)

18.    Dürfen Kontaktpersonen von Schwangeren die Impfung erhalten?

Alle Kontaktpersonen im Umfeld einer Schwangeren dürfen natürlich - wie alle anderen Impfungen auch - die Impfung gegen Covid-19 erhalten. Wird bei Kinderwunsch, in einer Schwangerschaft oder während der Stillzeit eine Impfung nicht gewünscht, sollte die Impfung aller engen Kontaktpersonen der Schwangeren vorgesehen und die strikte Einhaltung der AHA+L-Regel gefordert werden.

19.    Kann die Impfung junge Frauen oder Männer unfruchtbar machen?

Die Covid-19-Impfung kann aufgrund ihrer Wirkungsweise auf keinen Fall unfruchtbar machen. Die mRNA des Impfstoffes kann nicht zu menschlicher DNA umgebaut werden und die DNA der Eizelle oder des Spermiums verändern. Gerade dieser Punkt wird im Internet verbreitet. Doch diejenigen, die solchen gefährlichen Unsinn verbreiten, müssten erst recht Angst haben vor dem Wildvirus, das ja die gleiche RNA in den Körper transportiert. Und das SarsCoV-2-Virus hat niemanden unfruchtbar gemacht.

20.    Wo kann ich mich – außer im FRAUENARZT – bestens zu den Themen und insbesondere Covid-Impfungen informieren?

Um ständig aktuell informiert zu sein, empfiehlt die AG Impfen die kostenlose STIKO-App, die jeder Impfarzt auf sein Smartphone laden sollte. Mit ihr haben Sie Zugriff auf alle aktuellen Informationen rund um COVID-19, alle weiteren Impfungen, alle STIKO-Empfehlungen, alle Fachinformationen sowie FAQs zu allen Impfthemen.

Dr. Michael Wojcinski
Sprecher der AG Impfen des BVF