Pressemitteilung |

Frauengesundheit zählt – geschlechtsspezifische Versorgung verankern

Mit der Verabschiedung des GKV-Stabilisierungsgesetzes wurden auch Einschränkungen der Patientenversorgung ab dem 1. Januar 2023 angenommen. Die sogenannte Neupatientenregelung zu streichen und die Finanzierung der „Offenen Sprechstunde“ zu beschränken, wird die Versorgung von Mädchen und Frauen verschlechtern. Aus frauenärztlicher Sicht sind längere Wartezeiten, Umwege über eine Terminservicestelle oder eine hausärztliche Praxis für Patientinnen inakzeptabel. Während zuletzt gesundheitspolitisch Bekundungen aufkamen, die besonderen Versorgungsbedürfnisse von Frauen im Gesundheitssystem stärker zu berücksichtigen, wird dieser Handlungsdruck nun ignoriert. Es sind Nachbesserungen des Gesetzes notwendig, damit Mädchen und Frauen mit ihren spezifischen Versorgungsbedürfnissen z.B. bei (ungewollten) Schwangerschaften und (Notfall-)Verhütung, Fehlgeburtlichkeit sowie schwerwiegende Erkrankungen eine angemessene Gesundheitsversorgung zur Verfügung steht.

Das frauenärztliche Fachgebiet setzt sich in besonderem Maße mit geschlechtsspezifischer Medizin auseinander. Alle weiblichen Altersgruppen richten spezifische Bedürfnisse an die Fachdisziplin – viele davon im Kontext der Reproduktionsfähigkeit. Diesem besonderen Versorgungsbedürfnis muss ein qualifiziertes und niederschwelliges Versorgungsangebot durch frauenärztliche Facharztpraxen gegenüberstehen. Mit der Neupatientenregelung bestand ein struktureller Ansatz, adäquate Versorgung von Mädchen und Frauen zu befördern. Solche Bedingungen braucht es auch künftig, um den komplexen Belangen der Frauenmedizin gerecht werden zu wollen.

Häufige Erkrankungsbilder sind schwerwiegend

Ein großer Teil der Patientinnen in den frauenärztlichen Sprechstunden hat einen erheblichen Leidensdruck. Auch wenn es sich nicht um medizinische Notfälle handelt, verursachen Krankheitsbilder, wie Endometriose, Myome aber auch Menstruationsbeschwerden oder genitale Infektionen Schmerzen und Beschwerden. „Wichtige geschlechtsspezifische Belange von Mädchen und Frauen müssen mit der Grundversorgung angemessen abgedeckt sein. Angemessen bedeutet auch, dass Wartezeiten oder das Involvieren Dritter zur Terminfindung bei diesem Behandlungsdruck nicht hinnehmbar sind“, betont Dr. Klaus Doubek, Präsident des Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF). „Ein freier unmittelbarer Zugang zur ambulanten frauenärztlichen Praxis ist ein wichtiges gesellschaftliches Gut, das gesundheitspolitisch gefördert werden muss.“  Mit jeder wirtschaftlichen und damit organisatorischen Hürde, werden Patientinnen und frauenärztliche Praxen unverhältnismäßig belastet und Versorgung verzögert.

Politik übersieht zentrale Versorgungsaufgaben des Fachgebietes

Neben Erkrankungen der Geschlechtsorgane, sind Frauenärztinnen und Frauenärzte auch die ersten Ansprechpartner zur Feststellung einer Schwangerschaft, auch einer ungewollten sowie bei Verhütungspannen oder ungeschütztem Sexualverkehr. „Die Gesundheitspolitik übersieht wichtige Bestandteile der Versorgung von Mädchen und Frauen, die keinen Zeitverlust erlauben“, erläutert Dr. Cornelia Hösemann aus dem Vorstand des BVF. „Zuletzt haben frauenspezifische Belange mehr politische Aufmerksamkeit erhalten. Themen wie die Versorgung von Endometriose oder Schwangerschaftsabbrüchen, die Betrachtung von Mutterschutz – auch nach Fehlgeburten – sind in ihrer Bedeutung identifiziert worden. Eine gute Entwicklung, die nun auch in einem unterstützenden gesundheitspolitischen Kurs münden muss.“

Aufgrund des Einflusses von sexueller Gesundheit auf die allgemeine Gesundheit, den steigenden Infektionsraten von sexuell übertragbaren Infektionen (STI) sowie zuletzt einem Anstieg bei den Schwangerschaftsabbrüchen, sollten die Hürden zur gynäkologischen Sprechstunde so niederschwellig wie möglich sein. Das gilt insbesondere für Neupatientinnen, also Mädchen und Frauen, die noch nicht oder nicht regelmäßig bei Gynäkologinnen und Gynäkologen vorstellig waren.
Für eine geschlechtergerechte Versorgung, wie sie im Koalitionsvertrag angekündigt wurde, spielt nicht nur die medizinische Herangehensweise eine Rolle, es ist auch die entschlossene gesundheitspolitische Weichenstellung dafür notwendig.

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