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Ohne Rauchen durch die Schwangerschaft – so kann es klappen

Starke Raucherinnen haben meist große Probleme, in der Schwangerschaft aufzuhören.

Starke Raucherinnen haben meistens sehr große Probleme damit, das Rauchen in der Schwangerschaft zu reduzieren oder damit aufzuhören. Eine Auswertung von über 25 Millionen Schwangerschaften in Kalifornien hat vor kurzem gezeigt, dass nur eine von vier Raucherinnen während der Schwangerschaft komplett auf das Rauchen verzichtet (1). Besonders die starken Raucherinnen schafften es nicht, die Zigarettenmenge zu reduzieren und rauchten bis zur Geburt unvermindert weiter.

„Dieselbe Beobachtung machen wir in Deutschland auch“, bestätigt Dr. med. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenarzt und niedergelassener Frauenarzt in Hannover. „Den Gelegenheitsraucherinnen gelingt es häufiger, mit dem Rauchen aufzuhören. Aber die Kettenraucherinnen bleiben in ihrer Abhängigkeit gebunden, rauchen meistens genauso stark weiter wie vorher und fügen sowohl sich selbst als auch ihrem Baby Schaden zu.“ Diese Frauen haben nicht nur fast dreimal häufiger eine Fehl- oder Frühgeburt als Nichtraucherinnen. Die Giftstoffe aus dem Zigarettenrauch gelangen auch über die Nabelschnur zum Embryo. „Außerdem stören die Giftstoffe auch die Durchblutung der Plazenta, wodurch zu wenig Sauerstoff zum Baby kommt“, so Albring. Dadurch entwickeln sich die Kinder schlechter und kommen schon mangelernährt auf die Welt. Und nicht nur Raucherinnen und Raucher selbst erkranken häufiger an Krebs als Nichtraucher; sogar bei den Kindern von starken Raucherinnen treten manche Krebsformen häufiger auf. Raucherinnen sind aber auch direkt während der Schwangerschaft gefährdet. Denn während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett ist das Risiko für Thrombosen um das 20fache erhöht. Und bei Raucherinnen verdoppelt sich dieses Risiko noch einmal zusätzlich.

Gegen den Stress ankämpfen

„Sogar Schlaganfälle kommen bei stark rauchenden Schwangeren häufiger vor als bei Nichtraucherinnen“, so der Frauenarzt. „Den meisten Frauen sind diese Risiken eigentlich bewusst. Aber gerade die starken Raucherinnen sagen uns, dass sie die Zigaretten brauchen, um mit Stress und Anspannung umzugehen, und eine Schwangerschaft bedeutet für sie oft zusätzlichen Stress. Also wird hier der Druck, unbedingt weiterrauchen zu müssen, um den Stress zu ertragen, besonders groß. Auch die große Studie aus Kalifornien zeigt, dass die meisten starken Raucherinnen allein den Absprung nicht schaffen.“  

Hier sei Hilfe von außen gefragt, wie etwa Entwöhnungsprogramme für Raucherinnen, von denen es einige sehr gut ausgearbeitete Angebote mit Forum und vielen praktischen Beratungen, Übungen und Anleitungen auch online gibt (2,3). Ebenso sollte die Schwangere an der Arbeitsstelle, durch Freunde und Familie unterstützt werden. Dabei zeigen alle Erfahrungen auf, dass der Rat „Rauch doch einfach fünf Zigaretten weniger“ gerade bei starken Raucherinnen nicht funktioniert. Der einzig erfolgversprechende Weg sei ein Rauchstopp, am besten zusammen mit dem Partner. „Er ist ja auch meist der Vater des Kindes und kann seinem Sprössling durch seinen eigenen Rauchstopp ebenfalls helfen, gesund auf die Welt zu kommen“, so Albring.

Sowohl für das Baby als auch für die Mutter sei jeder Zeitpunkt der richtige, um das Rauchen zu reduzieren oder einzustellen, an Anfang, Mitte oder Ende der Schwangerschaft: „Jede einzelne nicht gerauchte Zigarette ist ein Gewinn. Rauchen ist nicht schicksalhaft und unvermeidlich. Eine Fehl- oder Frühgeburt, eine Thrombose oder ein Schlaganfall ist für jede junge Familie wirklich eine schreckliche Bürde. Eine Schwangere, die raucht, sollte von ihrer Umgebung wirklich größtmögliche Unterstützung bekommen, zum Beispiel auch einen Rauchverzicht von Partner und guten Freunden. So können alle dazu beitragen, dass Mutter und Kind gut und gesund in die gemeinsame Zeit starten können.“

Offene Wirbelsäule vermeiden

Albring weist darauf hin, dass Raucherinnen häufig einen Mangel an Folsäure haben; Folsäure ist ein wichtiges Vitamin gerade in den ersten Wochen der Schwangerschaft, das dafür verantwortlich ist, dass das Rückenmark und die Wirbelsäule sich regelrecht entwickeln. Folsäuremangel ist die häufigste Ursache für eine offene Wirbelsäule, eine sehr schwere Beschädigung des Babys, das meist sein Leben lang auf einen Rollstuhl angewiesen ist: „Raucherinnen mit Kinderwunsch sollten unbedingt frühzeitig anfangen, ihren Folsäurebedarf zu decken, damit das Kind in seinen ersten Lebenswochen nicht gefährdet ist.“

Wohnung ohne Zigarettenrauch

Und unbedingt sollte, so Albring, die Schwangere und später auch das Baby zu Hause eine rauchfreie Umgebung haben: „Es sollte mit dem Rauchstopp verbunden die Wohnung renoviert werden, es sollten Gardinen, Teppiche, Polstermöbel gewaschen beziehungsweise gereinigt werden. Und wenn sich Raucher in der Wohnung aufhalten, dann sollten sie nur draußen rauchen, und auf jeden Fall müssen die Zimmer, in denen sich die Schwangere und später das Baby aufhalten, rauchfrei bleiben.“

(1) Soneji S, Beltrán-Sánchez H. Association of Maternal Cigarette Smoking and Smoking Cessation With Preterm Birth. JAMA Netw Open. 2019;2(4):e192514. doi:10.1001/jamanetworkopen.2019.2514  jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2730781

(2) www.rauchfrei-info.de , ein Programm der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung.

(3) www.iris-plattform.de , ein Online-Programm der Abteilung für Suchtberatung an der Uniklinik Tübingen für Schwangere, um mit Zigaretten und Alkohol aufzuhören.

© BVF 2019

 

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