Pressemitteilung |

Positionspapier: BVF begrüßt die interfraktionelle Initiative „Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs“ – Bedenkzeit statt Wartefrist

Am 14. November hat eine fraktionsübergreifende Gruppe von Abgeordneten eine Neuregelung von § 218 StGB vorgelegt, die bisher von 240 Parlamentariern unterschrieben wurde. Der BVF begrüßt die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, den Erhalt der Beratungspflicht und die Abschaffung der 3-tägigen Wartefrist.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass in der frühen Phase der Schwangerschaft bis zum Ende der 12. Schwangerschaftswoche (p.c.), der Schwangerschaftsabbruch rechtmäßig wird. Die Beratungspflicht soll bestehen bleiben, während die 3-tägige starre Wartefrist zwischen der Beratung und dem Schwangerschaftsabbruch entfällt.  Unabhängig davon bleibt aus medizinrechtlichen Gründen die individuelle Bedenkzeit bestehen, die der Schwangeren zwischen dem ärztlichen Aufklärungsgespräch und der Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs gewährt werden muss.

Neben dem rechtmäßigen frühen Abbruch der Schwangerschaft soll im Schwangerschaftskonfliktgesetz zudem der rechtmäßige Abbruch der Schwangerschaft nach medizinischer Indikation sowie bei kriminologischer Indikation geregelt werden. Schwangerschaftsabbrüche gegen oder ohne den Willen der Schwangeren bleiben weiterhin im Strafgesetzbuch geregelt.

Diese Neuregelungen würden dazu führen, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch im Rahmen der Gesundheitsversorgung übernehmen.

Der vorgesehene Erhalt der Beratungspflicht stellt sicher, dass Frauen in dieser besonderen Situation jeder Zeit Zugang zur notwendiger Unterstützung erhalten und das Recht gewährt ist, diese Beratung auch in Drucksituationen tatsächlich in Anspruch nehmen zu können.

Bedenkzeit statt Wartefrist

Den Entfall der starren Wartefrist von drei Tagen, zwischen Beratung und Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs, bewertet der BVF ebenfalls positiv, da dies insbesondere in Situationen, in denen möglicherweise die Frist nicht mehr eingehalten werden kann, mehr Handlungsspielraum bietet.

Vor einem medizinischen Eingriff müssen Patientinnen aus medizinrechtlichen Gründen rechtzeitig über die möglichen Risiken des Eingriffs aufgeklärt werden. Rechtzeitig bedeutet dabei, dass zwar keine starren Wartefristen zwischen der Aufklärung und der Durchführung des Eingriffs eingehalten werden müssen, es muss jedoch genügend Bedenkzeit zwischen Aufklärung und Einwilligung der Patientin zur Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs gewährt werden. § 630 e BGB regelt, dass die Aufklärung so rechtzeitig erfolgen muss, dass die Patientin ihre Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann.

Aus Sicht des BVF ist diese Bedenkzeit wichtig, da die Praxiserfahrung zeigt, dass sich immer wieder Frauen noch kurzfristig nach erfolgter Beratung und ärztlichem Aufklärungsgespräch wieder umentscheiden – sich also gegen den Abbruch entschließen. Eine feste Sperrfrist zwischen der ärztlichen Aufklärung und der Durchführung des ambulanten Eingriffs existiert dabei nicht, auch nicht die immer wieder verbreitete vermeintliche 24-Stunden-Frist.

Die vorgeschlagene Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs ist sowohl für die betroffenen Frauen als auch die beteiligten Frauenärztinnen und Frauenärzte von zentraler Bedeutung. Frauenärztinnen und Frauenärzte die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, bewegen sich oft in einem rechtlich unsicheren Raum. Die Neuregelung reduziert das Risiko strafrechtlicher Verfolgung und schafft Rahmenbedingungen, unter denen die reproduktive Selbstbestimmung der Frauen gestärkt wird.