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Versorgungslage bei Schwangerschaftsabbrüchen: Weitgehende Erreichbarkeit in Deutschland gegeben

Die medizinische Versorgung für den Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland weitgehend gewährleistet. Eine kontinuierliche Forschung und eine praxisorientierte Datenauswertung sind notwendig, um die Versorgungslage wissenschaftlich begleiten zu können.

Schwangerschaftsabbrüche gehören zur gesundheitlichen Versorgung in Deutschland, deren Beratung, Betreuung und Versorgung evidenzbasiert und interdisziplinär erfolgen sollte. Um diesem Qualitätsanspruch gerecht zu werden, hat die AWMF unter Federführung der DGGG die erste S2k-Leitlinie zu diesem Thema erarbeitet und veröffentlicht.(1) Die Handlungsempfehlung mit dem Titel „Sicherer Schwangerschaftsabbruch im 1. Trimenon“ wird im Augenblick aktualisiert. Mit einer Veröffentlichung der Neufassung ist zum Ende des Jahres zu rechnen. 


Mit Blick auf die Versorgungslage wurde zudem eine erste geodatenbasierte Analyse veröffentlicht. Die Studie liefert einen wichtigen datenbasierten Beitrag zur Diskussion um eine flächendeckende und bedarfsgerechte medizinische Versorgung für Frauen mit dem Wunsch nach einem Schwangerschaftsabbruch im ersten Schwangerschaftsdrittel.(2)

Nahezu flächendeckende Versorgung

Auf Basis der Daten der Bundesärztekammer (BÄK)(3) und der amtlichen Regionalstatistik wurde die Erreichbarkeit von Einrichtungen für Schwangerschaftsabbrüche erstmals flächendeckend analysiert. Die Studie zeigt, dass der Großteil der weiblichen Bevölkerung – nach den definierten Kriterien – innerhalb von maximal 120 Minuten Pkw-Fahrzeit ein Versorgungsangebot erreichen kann, wobei sich dieser „Schwellenwert“ an einer Festlegung des hessischen Ministeriums für Soziales und Integration vom Dezember 2021 orientiert. Einschränkungen bestehen insbesondere in einzelnen Regionen Bayerns sowie in küstennahen Gebieten. Herausforderungen existieren für Frauen ohne eigenen PKW oder mit eingeschränkter Mobilität.

Die Versorgungslage für Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ist gut. Wir benötigen jedoch eine kontinuierliche, praxisnahe Versorgungsforschung für diesen Bereich.

Prof. Gert Naumann, DGGG-Präsident

Datengrundlage unvollständig – tatsächliche Versorgung wahrscheinlich besser

Die Analyse stützt sich auf die freiwilligen Meldungen von 362 Einrichtungen in der Liste der BÄK. Tatsächlich gibt es nach Angaben des Statistischen Bundesamts deutlich mehr Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen – über 1.000 sogenannte Meldestellen bundesweit.

Selbst die Zahl der Meldestellen lässt keine exakten Rückschlüsse auf Arztpraxen beziehungsweise Kliniken mit Abbrüchen zu, da zum Beispiel zentrale ambulante OP Praxen für mehrere Arztpraxen mit melden.(4)

 

Dr. Klaus Doubek, BVF-Präsident

Die Herausgeber weisen vor diesem Hintergrund darauf hin, dass mit diesem Studiendesign die Versorgung mit großer Wahrscheinlichkeit unterschätzt wird.
Zu betonen ist, dass eine gute Versorgung in diesem Bereich nicht allein über räumliche Erreichbarkeit definiert werden kann. Aspekte wie Terminverfügbarkeit, das methodische Angebot (operativ oder medikamentös), psychologische Begleitung sowie soziodemografische Barrieren müssen in künftige Analysen integriert werden.

ELSA-Studie bestätigt gute Versorgungslage in Deutschland

Eine an die aktuelle bundesweite Studie „Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer – Angebote der Beratung und Versorgung (ELSA)“ angelehnte Publikation bestätigt die gute Versorgungslage in Deutschland. Demnach haben mit 80,1 % eine deutliche Mehrheit der Teilnehmerinnen keine oder keine größeren Schwierigkeiten wahrgenommen, um eine geeignete Einrichtung für einen Schwangerschaftsabbruch zu finden.(5) Die ELSA-Studie wurde von 2020 bis 2024 durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert.

Quellen
(1) https://www.dggg.de/presse/pressemitteilungen-und-nachrichten/erste-leitlinie-zum-schwangerschaftsabbruch-im-ersten-trimenon

(2) http://www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/a-1977-1224.pdf?cooperation=oesXRVrCyCbnibDBsb6eFcWxtDfAb9uQUV3ypLkX

(3) https://www.bundesaerztekammer.de/themen/aerzte/schwangerschaftsabbruch

(4) https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Schwangerschaftsabbrueche/Tabellen/meldestellen-2024.html

(5) https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-024-03987-2

 

Hinweise:
Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen, die der Bundesärztekammer bislang mitgeteilt haben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuches durchführen, können eingesehen werden. Auch ist eine Suche nach Postleitzahlen möglich. Die Aufnahme in die Liste ist freiwillig.
https://liste.bundesaerztekammer.de/suche
Ein umfangreiches Informationsangebot u. a. zum Thema Schwangerschaftskonflikt und Schwangerschaftsabbruch stellt das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) im Internet bereit und vermittelt über eine Datenbank zu den anerkannten Beratungsstellen.
https://www.familienplanung.de/beratung/