Zum ersten Welthormontag betont Dr. Klaus Doubek, Präsident des BVF:
Die Diagnostik und Therapie hormoneller Beschwerden oder Erkrankungen gehören in die Hände qualifizierter Fachärztinnen und Fachärzte – und nicht in die von selbsternannten Experten mit eigenen Interessen. Gerade auch von einer Selbstmedikation mit Hormonen auf Basis von Internetforen raten wir ab – das birgt erhebliche Risiken.
Hormone – ein Leben lang
Für die Gesundheit von Menschen spielen Hormone eine essenzielle Rolle. Sie steuern grundlegende Körperfunktionen wie u.a. den Stoffwechsel, das Wachstum, die Fruchtbarkeit und die Stimmung. Ihr Gleichgewicht kann durch den Lebensstil, Krankheiten oder Medikamente beeinflusst werden. Im Fachbereich der Frauenheilkunde spielen Hormone eine zentrale Rolle: Der weibliche Körper durchläuft das Leben lang hormonelle Veränderungsprozesse – ob in der Pubertät mit der Geschlechtsreifung, dem monatlichen Zyklusgeschehen mit Hormonsteuerung aus Hypothalamus, Hypophyse und Ovarien, bis zum Abklingen bzw. Erliegen der Produktion bestimmter Hormone in den Wechseljahren und der Menopause. Hormonelle Steuerungsprozesse unterliegen einer exakten Regulierung. Kommt es – aus welchem Grund auch immer – zu einer Störung, treten spezifische Symptome bis hin zu schwerwiegenden Krankheitsbildern auf: Störungen der Geschlechtsentwicklung, Zyklusstörungen, Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS), Prämenstruelles Syndrom (PMS), Gelbkörperhormonmangel und Hirsutismus sind nur einige Beispiele aus dem frauenärztlichen Fachgebiet.
Falschinformationen aus Laienkreisen – Erkennen und Entkräften
Hormonelle Themen sind in den Medien präsent und gewinnen zunehmend an Aufmerksamkeit. Insbesondere im Internet verbreiten sich zahlreiche Falschinformationen und Pseudo-Wissen, vielfach von selbsternannten Hormonexpertinnen und -experten mit oftmals wirtschaftlichen Interessen oftmals ohne medizinischen Hintergrund. Dem BVF ist es ein wichtiges ärztliches Anliegen, Mädchen und Frauen zu helfen, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden zu können. Vor diesem Hintergrund prüfen Frauenärztinnen und Frauenärzte des Verbandes regelmäßig Faktenchecks auf Social Media sowie in öffentlich-rechtlichen und privaten Medien aus fachärztlicher Sicht. Der BVF empfiehlt, sich an wissenschaftliche Studien oder offizielle Gesundheitsorganisationen mit geprüften Inhalten zu halten und sich, insbesondere bei vorhandenen gesundheitlichen Problemen, direkt an die frauenärztliche Praxis zu wenden.
Gezielte Aufklärung sorgt dafür, die Bedeutung einer stabilen, gesunden hormonellen Balance zu verstehen und aktiv zu ihrer Gesunderhaltung beizutragen, aber auch Anzeichen eines Ungleichgewichts frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls ärztlichen Rat einzuholen. Der BVF hat Dr. Elena Leineweber, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Hormon- und Kinderwunschexpertin sowie bekannt aus den sozialen Medien, einige Fragen gestellt, insbesondere wie man Falschinformationen leichter erkennen kann, wie eine Diagnostik bei PCOS abläuft und ob Hormonspeichel-Tests aus dem Internet sinnvoll sind.
BVF: Frau Dr. Leineweber, neben Ihrer Tätigkeit als niedergelassene Frauenärztin engagieren Sie sich auf Instagram und TikTok gegen Falschinformationen zu Hormonen. Was motiviert Sie dazu?
Dr. Elena Leineweber:
Ich sehe täglich in meiner Praxis, wie verunsichert viele Patientinnen durch widersprüchliche Informationen aus dem Internet sind. Es gibt zahlreiche Mythen über Hormone – von angeblich 'natürlichen' Alternativen bis hin zu pauschalen Behauptungen über die Gefährlichkeit bestimmter Therapien. Mir ist es wichtig, wissenschaftlich fundierte Informationen verständlich zu vermitteln und mit diesen Fehlinformationen aufzuräumen. So können Patientinnen selbstbestimmte Entscheidungen über ihre Gesundheit treffen.
BVF: Wie kann man als Patientin erkennen, ob eine Information über Hormone im Internet vertrauenswürdig ist?
Dr. Elena Leineweber:
Seriöse Quellen zeichnen sich durch wissenschaftliche Fundierung aus. Wer sich informieren möchte, sollte auf offizielle medizinische Fachgesellschaften, Universitäten oder Ärztinnen und Ärzte mit nachweislicher fachärztlicher Expertise achten. Misstrauisch sollte man bei reißerischen Aussagen oder Heilsversprechen sein, besonders wenn sie mit Abonnements oder dem Verkauf von Produkten verbunden sind. Auch Quellenangaben können hilfreich sein. Werden wissenschaftliche Studien oder Leitlinien zitiert oder handelt es sich um persönliche Meinungen?
Das vollständige Interview mit Dr. Elena Leineweber lesen Sie hier.
Fachärztliche Weiterbildung und Spezialisierung: Hilfe bei der Expertensuche
Deutschland verfügt über ein breites Netzwerk an Fachärztinnen und Fachärzten, doch vielen fällt es schwer, den passenden Experten zu finden. In Deutschland absolvieren Medizinerinnen und Mediziner zunächst das Hochschulstudium der Humanmedizin, an das sich eine mehrjährige Weiterbildung in einem Fachgebiet anschließt – beispielsweise in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Nach erfolgreichem Abschluss der Facharztprüfung kann eine weitere Spezialisierung erfolgen. In der Gynäkologie gibt es verschiedene Schwerpunkte wie „Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin“, „Gynäkologische Onkologie“ und „Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin“. Zusätzlich existieren unterschiedliche Zusatz-Weiterbildungen etwa in „Sexualmedizin“ oder „Medikamentöser Tumortherapie“. Damit Ärztinnen und Ärzte stets auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft bleiben, unterliegen sie einer lebenslangen Fortbildungspflicht. Die Inhalte der Facharztweiterbildung werden in der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer geregelt, während die konkreten Rahmenbedingungen von den jeweiligen Landesärztekammern festgelegt werden.
Über die Arztsuche der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ist es möglich alle vertragsärztlichen Fachärztinnen und Fachärzte zu finden. Etwa unter dem Suchbegriff „Frauenheilkunde“ oder „Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin“. Die Arztsuche ist unter der www.116117.de erreichbar.
Quellen:
(1) https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/hormonstoerungen/
Weitere Informationen:
- https://www.ese-hormones.org/what-we-do/outreach/world-hormone-day/
- https://link.springer.com/article/10.1007/s00210-024-03616-4#Sec2
- https://www.univadis.de/viewarticle/social-media-mythen-und-falschinformationen-zur-menopause-2024a10008s4