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Kritik an Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) in der Frauenheilkunde

Der Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF), die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), sowie die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) informieren umfassend und richtig über Sinn und Zweck des Ultraschalls der Gebärmutter, Eileiter, Eierstöcke, Harnblase und der Zwischenräume im gesamten kleinen Becken.

„Die regelmäßigen Untersuchungen des Medizinischen Dienstes zeigen, dass die große Mehrheit des IGeL-Angebots keinen erkennbaren Nutzen hat. Einige schaden sogar, weil sie häufig falsch positive Befunde liefern und dadurch unnötige weitere Untersuchungen und Eingriffe nach sich ziehen. Das gilt zum Beispiel für die Ultraschalluntersuchung zur Krebsfrüherkennung der Eierstöcke und der Gebärmutter – eine der am meisten verkauften Leistungen. Hier werden junge Frauen ohne Not in Angst und Schrecken versetzt. Diese Untersuchung wird deshalb auch von den gynäkologischen Fachgesellschaften abgelehnt. Ich fordere ganz klar: Leistungen, die von den medizinischen Fachgesellschaften als schädlich bezeichnet werden, haben in Arztpraxen nichts zu suchen und gehören verboten, auch im Rahmen von IGeL."  Stefan Schwartze, Patientenbeauftragter der Bundesregierung, zitiert in: Redaktionsnetzwerk Deutschland (rnd.de).

Berlin/München, im April 2024 - Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sind medizinische Leistungen außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen. Sie werden von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten angeboten und von Patientinnen und Patienten in Eigenleistung bezahlt.

Die benannte Selbstzahlerleistung ist eine umfassende Ultraschalluntersuchung des „kleinen Beckens“. Diese schließt die Gebärmutter, Eileiter, Eierstöcke, Harnblase und die Zwischenräume zwischen Harnblase, Vagina und Darm bis zum Beckenboden ein.

Dieser transvaginale Ultraschall, bei dem die Situation im gesamten kleinen Becken untersucht wird, wird wie auch der Ultraschall der Brust von den gesetzlichen Krankenkassen nur dann bezahlt, wenn ein konkreter Krankheitsverdacht besteht – also etwa Symptome oder insbesondere ein auffälliger Tastbefund vorhanden sind. Frauenärztinnen und -ärzte können diese Leistung ohne konkreten Krankheitsverdacht nur als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) zur Verfügung stellen.

Vorteilhaft ist dieser Ultraschall z.B. als Komplementierung der regulären gynäkologischen Untersuchung – und dann auch über die Tastuntersuchung hinaus – insbesondere bei Frauen, bei denen eine Tastuntersuchung aufgrund körperlicher Disposition schwierig ist. Also bei übergewichtigen Mädchen und Frauen sowie bei solchen, bei denen durch die Anspannung der Bauchdecke kein eindeutiger Tastbefund möglich ist.
Richtig ist, dass die aktuelle Datenlage keine Reduktion der Sterblichkeit durch ein allgemeines Screening auf Eierstockkrebs durch den Ultraschall nachweisen konnte und daher eine solche Regeluntersuchung mittels Ultraschalls oder Tumormarkern von nationalen wie internationalen Fachgesellschaften zurecht abgelehnt wird.

Das Hauptargument für das Angebot einer transvaginalen Sonografie ist jedoch nicht die Krebsfrüherkennung, sondern die komplettierende Erweiterung der gynäkologischen

Routineuntersuchungen. Der Fokus liegt hierbei auf den viel häufigeren funktionellen und gutartigen Veränderungen sowie gynäkologischen Problemen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. führt dazu aus:

Die transvaginale Sonographie der Eierstöcke ist nachweislich die treffsicherste nicht-invasive Methode zur Differenzierung zwischen gut- und bösartigen Eierstockbefunden. Nicht zuletzt ist sie das wegweisende diagnostische Instrument bei Eierstock-bedingten Notfällen wie zum Beispiel akuten Verdrehungen, Einblutungen, schweren Infektionen mit Abszessbildung oder Eileiterschwangerschaften. Viele dieser Probleme entwickeln sich häufig und lange ohne warnende Symptome.(1)

In einer aktuellen Studie zur Durchführung einer Ultraschalluntersuchung des Beckens bei asymptomatischen Frauen hat gezeigt, dass von knapp 1.000 Frauen in 10% der Fälle ein auffälliger Befund erhoben werden konnte. In 6.7% war eine gynäkologische Erkrankung die Grundlage (2).

Wie bei allen medizinischen Befunderhebungen, kann eine Diagnose zu Beunruhigung führen, selbst wenn sie in der Folge keinerlei Konsequenz hat. Von großer Bedeutung in dieser Situation ist die frauenärztliche Einschätzung des Befundes und die anschließende Aufklärung und Beratung der Patientin. Immer ist eine individuelle ärztliche Betrachtung wichtig, auch um Fehldeutungen und -einschätzungen von Patientinnen – z.B. aufgrund unqualifizierter Informationen aus dem Internet – zu vermeiden. Im Ultraschall können sich eine Vielzahl von Erkrankungen zeigen, wie etwa Myome, Endometriose, Zysten oder Flüssigkeitsansammlungen. Man kann mit dieser Untersuchung auch Veränderungen entdecken, die noch keine Symptome verursachen und auch einem Tastbefund gar nicht zugänglich wären. Eine Behandlung orientiert sich dann an individuellen Faktoren wie u.a. Beschwerden, der Einschätzung des Komplikations- und auch Entartungsrisikos und dem weiteren Verlauf.

Die Verzögerung, bedingt durch das Argument erst bei Symptomen mit dieser Untersuchung einzusetzen, führt zu einer Diagnose einer meist weit fortgeschritteneren Erkrankung, die dann eine höhere Rate an Komplikationen und Verlust an Lebensqualität bedeuten kann.  

Fazit
Ungeachtet der Tatsache, dass der vaginale Ultraschall nicht zur Früherkennung des Ovarialkarzinoms im Rahmen eines generellen Screenings – also außerhalb eines Risikokollektivs – geeignet ist, visualisiert diese Untersuchungsmethode gut das gesamte kleine Becken. Differenziert eingesetzt, ist der vaginale Ultraschall ein sehr wichtiges Kriterium in der gynäkologischen Befunderhebung.
Der Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF), die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), sowie die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) informieren umfassend und richtig über Sinn und Zweck des Ultraschalls der Gebärmutter, Eileiter, Eierstöcke, Harnblase und der Zwischenräume im gesamten kleinen Becken.
Die transvaginale Sonografie des kleinen Beckens ist als komplementierende Erweiterung der gynäkologischen Routineuntersuchung zu bezeichnen (1). Außerdem findet sich zunehmend Evidenz für die herausragenden Möglichkeiten der Endometriose-Diagnostik mittels Ultraschalles (3).

Quellen
(1)    https://www.degum.de/die-gesellschaft/degum-news/im-detail/news/stellungnahme-degum-zur-transvaginalen-sonografie-der-eierstoecke.html
(2)    Rajput E.: Pelvic Ultrasound Imaging-Based Prevalence of Gynecological Morbidity in a Population of Asymptomatic Reproductive-Age Women Indian J Radiol Imaging 2023;33:183–186.
(3)    https://link.springer.com/article/10.1007/s00404-022-06766-z